Dr. Gertrude Betz: Über Erdbilder

Die Bilder von Hildegard Jaekel im Format 120 mal 120 cm umkreisen und bearbeiten fundamentale Gesetzmäßigkeiten der Bildkomposition und Wahrnehmung. Die Linie, die Fläche, ein Winkel; Oberfläche, Untergrund; vorne, hinten, geschichtet, verschoben.

Ein begrenztes, konsequent erforschtes formales Repertoire, ruhig und minimalistisch variiert.

Dem Betrachter aber fallen die Farben, die warmen, sanften und stillen Töne als erstes ins Auge. Eine fast meditative Ruhe, eine stumme Konzentration geht von den Bildern aus. Und dabei, in die Flächen und Schichten eindringend, erschafft sich das Auge und die je unterschiedliche Sehgewohnheit Räume, entdeckt, wie aus geschichteten Flächen Vordergrund und Tiefe wird. Verschlossen, rätselhaft, einladend muten sie an, im tiefsten Untergrund unerreichbar.

Die Erden, Steinmehle, Asche, Staub aus denen Hildegard Jaekel ihre Malfarben gewinnt, die unterschiedliche Konsistenz und Dichte ergeben, erinnern an die arte povera, deren Ausdrucksstärke den einfachen, den „armen“ Materialien zu verdanken war. Ihr Farbspektrum gewinnt sie nicht aus den inzwischen auf Erdpigmente erweiterten Angeboten des Künstlerbedarfs. Ihr Material ist Erde, Staub, Asche aus ihrer Stadt Kassel, auf Reisen aufgehoben, von anderen aus der Welt mitgebracht.

Für die hier ausgewählten Bilder sind es Orte in Italien, Kuba, Südfrankreich, Marokko – und eben Kassel. Neben den Erden Holzasche und Marmorstaub.

Dass diese Erden als Rohmaterial vor den Bildern stehen und als Materialinstallation die Verbindung von konkret Natürlichen zu verarbeiteten Farbe in einer Bildkomposition mitvollziehbar machen, erhöht die Faszination und die Überzeugungskraft dieser Arbeiten, die nichts abbilden, sondern dem Konzept des Malens als suchendes Eindringen in Fläche und Raum folgen und es erlebbar machen.

Dr. Gertrude Betz